Let´s talk Haiku
Worte in drei Zeilen
Seit einigen Jahren sammle ich Haikus. Nicht als Fingerübung, sondern als Verdichtung.
Wie Haikus wirken und warum drei Zeilen reichen, habe ich hier aufgeschrieben.
Momente zwischen Gartenschere und Flughafen, zwischen Beton und Brutblatt.
Manche entstehen im Garten, wenn die Himbeeren reifen oder die Kiefer Schatten wirft.
Andere unterwegs. In Wüstennächten, an französischen Straßenrändern, über Bourbon am Nachmittag.
Sie alle haben drei Zeilen. Und einen Moment, der bleibt.
Diese Sammlung wächst. Langsam. Wie meine Kiefer.
GARTEN & NATUR
rote Haut spannt sich
über schmale Sommerzweige –
erster Biss im Licht
winziger Sämling
am Fuß der großen Kiefer –
zwei Zeiten treffen
Lieblingsrose blüht,
grauer Tag, Regen prasselt,
Lichtblick statt Trübe.
Rubinrotes Glas,
Süß und sauer im Geschmack,
Sommer gefangen.
Unerwartet jetzt,
Ein Lächeln formt sich leise,
Blaues Blütenmeer.
Sanfter Wasserstrahl,
Wespen weichen still zurück,
Frieden ist am Tisch.
Rot und schwarz gereift,
Sonne küsst die Haut so zart,
Sommer Zwillinge.
Goldener Abschied,
Himmels rote Flammen hell,
Tag legt sich zur Ruh.
Stoff gibt langsam nach,
Erinnerung trägt Lücken.
Lieblingsstück bleibt treu.
Glut in kalter Luft,
Feuer tanzt in Winternacht,
Wärme, die mich nährt.
Späte Sonne glüht,
Tomaten reifen noch sacht,
Herbst küsst letzte Frucht.
Kornelkirschenrot –
viele Kerne, herbe Frucht,
Sommer auf Vorrat.
Birnen reifen still,
Koji flüstert Umami –
Japan im Glas ruht.
Giftig die Säfte,
Unschuldig lauernd im Raum,
die grüne Gefahr.
UNTERWEGS
Dunkle Wüstennacht –
Der Himmel schweigt nicht leise.
Glitzern wie Trommeln.
Weiße Fläche ruht,
der Kaffee hält sich bereit.
Mein Nein klingt nach Ja.
Kühler Morgenwind,
das Blatt löst sich von allein,
ich helfe nur nach.
Schiefer glimmt im Licht,
seine Kanten sind von mir
und ich lehn mich an.
Salz hängt im Gewebe.
Das Licht zeigt schon nach Norden.
Morgen, sag’s noch nicht.
Fenêtre – für wen?
Der Blick braucht kein Rechteck hier.
Gras antwortet still.
Sentier fermé da.
Ein Verbot, das keiner meint.
Der Weg kennt den Weg.
Ein Pfad voller Duft.
Ich verliere mich mit Lust
und finde: nichts muss.
Bourbon, gold und klar.
Der Nachmittag weiß, was geht.
Der Tag lehnt sich zurück.
Kein Bild hat gepasst.
Der Moment war schneller weg.
Fliesen blieben still.
Noch kein Abschiedsblick.
Zwischen Licht und Satzbeginn.
Etwas hält noch fest.
Weite Nacht erwacht,
Sterne flüstern still ihr Licht,
Himmel atmet Ruh.
Fernweh ruht heut still,
draußen grüßt der weite Baum,
doch das Licht bleibt fern.
ZWISCHENTÖNE
erstes Mentoring –
zwischen Frage und Antwort
wächst leise ein Weg.
Routine trägt mich –
Schreiben, Denken, Verweilen.
Lieblingsstift dabei.
Mit Watte im Kopf
neigt mein Tag sich sanft zur Ruh,
ganz voll, nichts komplett.
Zuletzt erweitert: Dezember 2024

Dagmar Wienböker
Autorin 30 Jahre Management, heute:
Schreiben über Macht, Sprache, Frauen.
Madelisa – Die Farben der Macht (Buch in Arbeit)
Frauen der Macht (historische Porträts, ab Jan 2026)
Unterwegs mit Worten (Schreibbiografie, ab Jan 2026)
2x monatlich auf Zeit:Insel
