MoRüBLi – Quartal 2-2025

Illustration von drei Möhren in unterschiedlichen Größen auf hellem Hintergrund mit türkis-goldenen Aquarellakzenten, dazu der Schriftzug „MORÜBLI – zum Quadrat II – 2025“.

Das zweite Quartal 2025 war kein Neustart, eher ein Umweg mit Aussicht.
Ich habe Altes losgelassen, Routinen geprüft und meinen Rücken zu lange ignoriert.

Mein Schreiben wurde wieder Selbstgespräch – nicht Strategie.

Dieser Rückblick ist kein Reporting.
Okay, ein paar KPIs sind schon dabei.
Eher eine Spurensuche: nach Sinn, nach Stimme, nach dem, was bleibt, wenn nichts mehr vermarktet werden muss.

Und vielleicht ist das schon genug.

Wirkung & Wende

Drei Notizbücher auf dunkler Unterlage, eins mintgrün, eins geblümt mit rosa Gummiband, darüber ein grünes Filzetui.
Wortwende in drei Farben. Gefasst, gebündelt, bereit. Die Linien klar, der Inhalt noch flüchtig – aber schon im Werden.

Im zweiten Quartal habe ich etwas losgelassen, das ich lange für mein Fundament hielt, in Wahrheit aber eine Pseudo-Identität war. Ein Geschäftsmodell, geboren aus dem Erbe meiner Berufsjahre. Ein Versuch, Managementerfahrung in Sinn zu verwandeln. Doch was als Neustart gedacht war, blieb Fassade.
Ich war Content-Kreatur und Teil des Business-Chors auf LinkedIn, der oft mehr sendet als hört.

Jetzt bin ich zurück.

Nicht ins Alte, sondern ins Eigene. Kein Pivot, kein Purpose, sondern ein schlichter Entschluss: Ich schreibe wieder für mich. Und für die, die wirklich lesen wollen. Nicht für eine Zielgruppe.
Das Mentoring bleibt. Leiser, kleiner, kein Produkt, sondern Begegnung.
Meine Zeitinsel bleibt, sie tritt nur einen Schritt zurück.
Ich nenne es Rückführung: zurück zur Rezerette. Zum Schreiben, das keinen Funnel braucht, keine Klickziele, keinen Verkaufsdruck. Das Kapitel schließt sich nicht, ich schreibe einfach anders weiter. Ganz viel. Wie hier im Urlaub. Und ich bin mittendrin.

Wehtun & Widmen

Metallischer Wandspiegel in Form eines stilisierten Auges mit langen Wimpernstreben, im Spiegel ein unscharfer Raum mit Fenster.
Manche Dinge sehen dich zurück. Dieses Quartal: Ein Blick, der bleibt. Und Fragen, die keine Eile haben.

Meine rechte Seite schweigt nicht mehr. Sie meldet sich. Jeden Tag. Schulter, Nacken, Muskelstränge, als würde mein Körper sagen: „Ich warte nicht mehr auf dein Timing.“

Was als latente Rückenblockade begann, hat sich still ausgebreitet. Manchmal wird schon das T-Shirt zum Endgegner.
Der Schmerz? Kam nach einem diktierten Text. Ironisch, dass neue Schreibfreiheit sich ausgerechnet am Körper festfrisst.

Ich habe gehofft, es gehe von selbst. Tut es aber nicht. Im dritten Quartal werde ich handeln: Arzttermin im Juli. Neurotraining im August. Nicht mehr optimieren, sondern zuhören.

Würde mein Rücken bloggen, er hätte längst eine Kolumne. In Rot. Und die Kategorie hieße: Unbeachtet & Unnachgiebig. Jetzt bekommt er endlich die Aufmerksamkeit, die er verdient.

Wahrheit & Widerspruch

Ich habe kein Dashboard – aber ein paar Zahlen habe ich trotzdem mitgenommen.

Was messbar blieb

  • Substack: meine Ersatzdroge seit dem Instagram-Abschied. 21 Abonnent:innen, 29 Beiträge – ganz ohne Algorithmus.
  • Die Rezerette lebt wieder – mit neuem Claim „Zwischen Wort & Wurzel“. Ich hatte 658 Besuche, eine stabile Domain Authortity von 11. Google meint: 259 Klicks bei 17.678 Impressionen (das sind meine Rezepte und die Marmeladen Saison kommt noch erst) und zeigt 7 Artikel sind unter den Top 10 an
  • Die Zeitinsel überlebt – Ich hatte 587 Besuche, eine leicht gestiegene Domain Authortity von 9. Google meint: 143 Klicks bei 14.614 Impressionen und zeigt 6 Artikel sind unter den Top 10 an
  • Netzwerk wie aus alten Zeiten: knapp 2.000 Verbindungen auf LinkedIn. Es darf bleiben. Nach meinen Regeln.
  • 12 Blogartikel geschrieben – wie nichts.
  • 1x gefastet. Nicht ab-, aber auch nicht zugenommen.
  • Schreiben, diktiert und im Gehen. Und doch: 18.874 Schritte weniger als im Quartal davor. Kaum gelaufen.
  • 20 Reisetage auf La Réunion.

Ob diese Webseiten-Kennzahlen in Zeiten von AGI, wo Maschinen Texte nicht nur finden, sondern selber schreiben, überhaupt noch Sinn machen – wer weiß das schon. Ich lasse sie einfach mitlaufen.
90 Artikel bisher. 13 Keywords in den Google-Top-Ten. Klingt nach einer ordentlichen Quote.

Zahlen zeigen viel. Aber nicht, was in mir gearbeitet hat.

Zwei Kräfte wohnen in mir und streiten selten, aber wirken täglich: Die Planerin, die T-Shirts faltet wie Origami und Listen liebt. Und die Kreative, die halbfertige Texte liegen lässt wie Wäsche am Freitagabend.

Alt-Texte in Perfektion und gelegentliche Querstapelanfälle bei der Ablage. Glasklare Formulierungen in der einen Ecke, chaotische Notizen in der anderen. Beides bin ich.

Manchmal frage ich mich:
Ist das Chaos nur störend, weil mein Anspruch zu hoch ist?
Oder ist der Anspruch nur ein Versuch, dem Chaos Struktur zu geben?
Vielleicht ist das gar kein Problem, das gelöst werden will. Sondern ein Spiel, das einfach weitergeht.

Im dritten Quartal will ich nicht eingreifen. Nur beobachten. Nicht sortieren, amüsiert zuhören: wie Managerin und Muse sich zanken, tanzen, weiterdenken. Und am Ende doch gemeinsam schreiben.

Im Garten ist es genauso: Bonsai auf dem Podest, Wiese voller Unkraut und beides gehört zu mir.
Ob ich das wirklich alles nur beobachte?
Frag mich noch mal, wenn das Arbeitszimmer fertig renoviert ist.

Werkzeuge & Wege

Ich habe mich von Content-Zwängen gelöst, aber nicht von sinnstiftender Struktur.

Meine Formate tragen mich:
Rückblicke als Kompass.
12 von 12 Haikus“ als Monats-Check-in.
Der Naturkraft-Newsletter – verlässlich wie der dritte Samstag im Monat.
Substack-Sonntage – mein Taktgeber für Reflexion.

Dazwischen? Texte ohne Termin. Sie kommen, wenn sie wollen.

Meine Serien sind keine Pflicht, sondern neue Spielräume für Sprachneugier:

  • Spörter für Wortfreude. Gleichzeitig KI-Verhörer für digitales Schmunzeln.
  • UN-Worte für Sprachkritik mit Augenzwinkern.
  • Worthülsen: sie blähen, klingen nach viel und platzen beim ersten Nachdenken.
    Meine stille Abrechnung mit Business Bullshit – von „Purpose“ bis „Skalierbarkeit“.

Diese Textformen sind kein Korsett – auch wenn sie Form geben. Form, die die Ästhetin in mir braucht. Kein Raster, sondern Resonanzraum. Und ich entscheide, wann was hineinpasst.

Was steht an?

Parkett im Esszimmer. Farbe an den Wänden.
Ein Arbeitszimmer, das wieder atmen darf.

Gesundheit – nicht mehr managen, sondern heilen. Meine rechte Seite bekommt Raum und endlich Gehör.

Der Garten: blühend, fordernd, voller Fragen. Ich diktiere weiter. Schreibend im Kies. Hörend im Grün. Texte, die um vier Uhr morgens auftauchen, noch vor dem Sonnenaufgang. Sie bahnen sich ihren Weg vom Diktat ins Notizbuch, leise, aber beharrlich.

Reisevorfreude: Indonesien im Spätsommer.
Und Karten für Bregenz & Bayreuth.

Das dritte Quartal hat Gestalt – und noch viel Raum.
Ich bin bereit – nicht auf Abruf, sondern mit offener Tür.

Was bleibt

Ein Rücken, der schreiben will.
Ein Garten, der mir zuhört.
Texte, die nicht glänzen, aber klingen.

Ein Sommer, der mich zurück zu mir bringt.
Ein Buch, das auf Reise geht, nicht um zu gefallen, sondern um etwas auszulösen.

Spörter, Verhörer, Klangfiguren – mein Alphabet wächst.
Ulf, der zuhört, still, wach, oft zwischen Zetteln.
Und ich, die endlich wieder weiß:

Texte passieren mir. Nicht auf Zuruf, sondern zwischen Momenten.

Der Juli kommt.
Mit Wetter, das lacht.
Mit Wäsche im Wind.
Mit einer offenen Tür.
Und einem Vorhang, der flüstert:
„Bleib einfach.“

Epilog

Drei Stimmen, ein Text

Dr. Klang tritt aus dem Schatten, das Notizbuch in der Hand:

„Der Text klingt nicht laut, aber tief. Wie eine Stimme, die nicht ruft, sondern bleibt. Nur an manchen Stellen stimmt er zu sehr, wo er auch irritieren dürfte. Ich höre Haltung. Und leise Fragen, die nicht gestellt werden.“

Mephisto lässt sich auf die Stuhllehne fallen, grinst spitz:

„Na bravo. Rücken statt Reichweite, und statt Sales-Conversion jetzt Sonnenaufgang. Aber sag mal ehrlich:
Dieses ‘Ich schreibe für mich’ – ist das nicht einfach der schönste Exit seit es Funnel gibt?
Ulf – wohl der Einzige, der das alles ohne Posting aushält.“

Clara schaut kurz von der Tastatur auf, sachlich, ungerührt:

„Gut. Der Text trägt dich, nicht du ihn.
Aber: Deine Metaphern konkurrieren.
Garten, Alphabet, Rücken, Vorhang: schöne Bilder, aber zu viele.
Und noch eins: Lies ihn laut. Wo du stockst, beginnt das, was noch fehlt.“

Drei Stimmen. Kein Urteil. Nur Nachklang.
Und ich? Ich schreibe weiter. Lese laut. Zwischen Momenten.

Dagmar im Profil, entspannt sitzend im Freien – ein nachdenklicher Blick, als würde sie gerade einem Satz beim Wachsen zusehen.

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