Wörterbuch der schönen Fehler

Spörter – Wörterbuch auf Rezerettisch, weißer Schriftzug auf himbeerrotem Hintergrund

Glossar für Fortgeschrittene im Scheitern an der Sprache

Spörter wachsen. Nicht geplant, sondern passiert.
Rezerettisch passiert. Nicht erfunden, nicht geplant.
Es wächst im Zwischenraum – zwischen Gedanken und Geräusch, Vertippern und Verstehen, Alltag und Abweg.

Nichts davon wurde gebaut. Alles ist gefunden.
Ein Verhörer, ein Sprachstolperer – manchmal charmant, manchmal schief, aber nie leer.

Deshalb wächst dieses Spörterbuch langsam.
Nicht auf Knopfdruck – sondern unterwegs.
Im Garten. Im Gespräch. Im Vorbeigehen.
Wo Menschen und Maschinen aneinander vorbeireden und plötzlich lachen müssen.

Was hier steht, ist nicht fertig.
Aber es lebt. Und das reicht.

Und weil es inzwischen über 30 sind, wird es Zeit für ein bisschen Ordnung.

Aber wie sortiert man Spörter?

Alphabetisch?
Zu langweilig.
Nach Klang?
Zu subjektiv.
Nach Wirkung?
Zu viel Ernst.

Ich sortiere nach Störung.
Was kratzt, was kitzelt, was stolpert – das gehört zusammen.

Sieben Gruppen sind es geworden. Lebendig, ungerade, mit einem Hauch Selbstironie.
Perfekt? Zum Glück nicht.

  1. Namensnebel
  2. Satzsprünge
  3. Dingverhörer
  4. Blabla-Spalter
  5. Poesie-Stolperer
  6. Alltags-Entgleisungen
  7. Wortunfälle mit Restwärme

Hier die ersten 7 schön geordnet.

Dr. Klang murmelt:

„Ein gutes Spörter ist wie ein Kiesel im Schuh: erst stört es – dann verändert es den Gang.“

Namensnebel

Wenn sich Identitäten verformen, Namen verrutschen – und Stimmen plötzlich jemand anders sind.

Darkmar

Verhörer aus: Dagmar, Femininum, verwandt mit Dark (engl. dunkel) + Mar (ital. Meer) = das dunkle Meer im Namen.
Definition:
Darkmar ist keine andere Person, sondern der Schatten deiner Stimme, – so, wie ihn das Sprachprogramm versteht.
Eine Figur am Horizont. Eine Stimmverzerrung mit eigener Haltung.
Verwendung:
„Ich nannte mich. Doch was ankam, war Darkmar.“

Satzsprünge

Wenn Gedanken Haken schlagen, Kapitel ausbrechen – und der rote Faden eine Schleife macht.

Kartüdel

Verhörer von: Kapitel, Neutrum
Ein Kapitel, das sich verlaufen hat, aber mit Würde und einem Augenzwinkern.
Definition:
Ein Textabschnitt mit Seitenblick. Mal abschweifend, mal verheddert – aber nie egal.
Kartüdel ist, wenn ein Gedanke vom Weg abkommt und unterwegs was Schönes findet.
Verwendung:
„Mein letzter Blogpost war ein reiner Kartüdel. Aber einer mit Seele.“

Dingverhörer

Wenn Dinge sich sprachlich entziehen, Gegenstände anders sprechen und Räume ins Stolpern geraten.

Contabonzo

Verhörer von: „Kunterbunt“ (inspiriert von Pippi Langstrumpf), (neutrum)
Definition:
Eine wilde, liebevoll zusammengewürfelte Mischung – aus Fundstücken, Stilbrüchen, Upcyclingideen und kleinen Zumutungen mit Herz. Ein Ort, an dem nichts passt – und gerade deshalb alles zusammenkommt.
Contabonzo ist das Zuhause derer, die lieber horten als kuratieren. Die in jeder Schrulle eine Geschichte sehen.
Verwendung:
„Contabonzo ist, wenn Unordnung plötzlich Gemütlichkeit schafft.“

Blabla-Spalter

Wenn Sprache Blähungen hat – und Spörter freundlich, aber bestimmt die Luft rauslassen.

Törchelei

Verhörer von: Heuchelei, Femininum
Moral mit LED-Beleuchtung. Leuchtet nur nach innen.
Definition:
Scheinheiliges Verhalten mit Instagram-Ästhetik und zertifiziertem Gewissen.Heuchelei mit Haltung. Oft zu finden bei Bio-Influencerinnen mit Flugmeilenkonto oder in Nachhaltigkeitsberichten mit Duftkerzensprache. Törchelei ist, wenn Haltung nur dann zählt, wenn jemand hinschaut.
Verwendung:
„Sie sagt, sie lebt nachhaltig. Aber fliegt zum Achtsamkeitsretreat nach Bali. Klassische Törchelei.“

Poesie-Stolperer

Wenn Sprache schräg geht – aber auf eine Weise, die berührt, kitzelt oder kurz innehalten lässt.

Rundisch

Verhörer von: ironisch, Adjektiv
Höflich gemeint, spitz formuliert – mit einem Lächeln, das man erst später hört.
Definition:
Ironie in Alltagskleidung. Nicht bissig, sondern wach.
Rundisch ist, wenn man etwas meint – aber so sagt, dass der andere erst später schmunzelt.
Ideal für Teeküchen, Familienfeste und LinkedIn-Kommentare.
Verwendung:
„Ich hab das rundisch gesagt – so nett, dass er es fast nicht gemerkt hat.“

Alltags-Entgleisungen

Wenn Sprache im Haushalt stolpert – und Dinge tun, was sie wollen.

Netropie


Verhörer von: Entropie, Femininum
Das natürliche Chaos in Haushalten mit vielen Dingen, wenig System und mindestens einem zerstreuten Ehemann.
Definition:
Das inoffizielle Haushaltsgesetz, nach dem Fernbedienungen verschwinden, Spargelschäler sich vermehren und einzelne Schuhe durch Wurmlöcher reisen. Netropie ist, wenn Ordnung kurz winkt und dann rückwärts wieder rausgeht.
Ein Sonderfall der Haushaltstheorie, meist begleitet von innerem Augenrollen und leiser Resignation.
Verwendung:
„Die Lesebrille ist wieder weg. Reine Netropie.“

Wortunfälle mit Restwärme

Wenn Sprache ausrutscht – aber weich landet. Schräg, schön, und irgendwie bleibend.

Satzgans

Verhörer von: Satz ganz, Femininum
Ein Satz, der sich aufplustert, aber nicht viel sagt.
Definition:
Ein Phrasenwesen mit Hochglanzfedern. Klingt wichtig, flattert durch PowerPoints und Leitbilder – und landet meist im Ententeich der Belanglosigkeit. Satzgänse erkennt man daran, dass alle nicken, aber keiner weiß, worum’s ging.
Verwendung:
„Wir müssen jetzt alle an einem Strang ziehen“ – wieder so eine Satzgans.“

Mephisto zischt:

„Ach, Sprache. Immer diese Selbstüberschätzung mit Satzzeichen. Lasst doch mal ein Wort stolpern – da beginnt Erkenntnis.“

Dagmar im Profil, entspannt sitzend im Freien – ein nachdenklicher Blick, als würde sie gerade einem Satz beim Wachsen zusehen.

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