Winterpause statt Gartenarbeit – die lange, recht „einsame“ Zeit dieser Corona-Weihnachten, habe ich, ein wenig von der Langeweile inspiriert, genutzt. Also habe ich Sauerteig einfach selbst gemacht und mein erstes eigenes Brot gebacken. Dabei habe ich auch noch die Finessen meines Backofens entdeckt … ungeahnte Potenziale tun sich auf.Auf die Idee kam ich im November durch einen Artikel in SZ Magazin von Hans Gerlach, der ausführlich und super bebildert das „HOW TO SAUERTEIG“ erklärt.
Frei nach dem Motto:
Hier nun meine Cover-Version von
„Sauerteig einfach selbst gemacht“
Bei Wikipedia gibt es einen sehr ausführlichen Artikel, der das Ganze in aller Tiefe erklärt. Bevor man überhaupt an das Backen denken kann, braucht man die Starterkultur, den Sauerteig. Den kann man fertig kaufen, als flüssige Mischung oder als Trockenpulver.
Im Prinzip ist Roggen-Sauerteig nichts anderes als Roggenmehl und Wasser. Mit natürlichen Hefen und Bakterien, die sich in der Luft befinden, gärt und blubbert das Gemisch bei Zimmertemperatur und nach einer gewissen Zeit entsteht CO2, Milch- und Essigsäure. Die Säuren haben ähnlich, wie Hefe, die Funktion, dass der Teig schön locker wird. Das ist insbesondere wichtig, wenn man mit Vollkornmehl bäckt.
Der Prozess, dem ich hier folge, dauert 9 Tage bis zur fertigen Sauerteigkultur. Man braucht nicht viel, aber Rhythmus und Disziplin.
TAG I
Es ist Heiliger Abend – zum Kickoff 15 g Bio-Roggenvollkornmehl und 20 g Wasser in einem Marmeladenglas (Volumen ca. 300 ml) verrühren und den Deckel lose auflegen, das CO2 soll ja entweichen können. Hier gibt es bei mir die erste Abweichung, ich habe das Rezept nicht genau gelesen und habe Bio-Roggenmehl Typ 1150 genommen, hat aber gut funktioniert. Hans Gerlach empfiehlt 24°C Reifetemperatur. Bei mir in der Küche ist es ca. 22°C warm. Dann kommt das Ganze auf meine mit Granderwasser belebte Holzplatte (keine Werbung – ich weiß, das ist ein wenig esoterisch) aber kann nicht schaden. Vielleicht sollte ich mal einen Blindversuch mit und ohne Granderplatte machen – maybe later!
Am Anfang ist ein genauer 24-Rhythmus wichtig. Ich habe mittags angefangen und habe dann die Zeit über 4 Tage langsam (stundenweise) nach vorne gezogen, sodass das Füttern des Sauerteigs mit meiner Frühstückszeit synchronisiert wurde.
Tag 2
Der weitere Ablauf ist unspektakulär … man braucht ein zweites sauberes Glas und gibt 15 g gereiften Teig, 15 g Roggenmehl und 20 g Wasser zusammen und verrührt es zu einer cremigen Masse.
Tage 3 bis 6
Und täglich grüßt das Murmeltier:
Jeden Vormittag wird ein neuer Ansatz aus 15 g gereiftem Teig, 15 g Roggenmehl und 20 g Wasser gemischt. Im Laufe der nächsten Tage wächst der Teig deutlich an und fällt dann wieder in sich zusammen. Zur Markierung habe ich ein Gummiband um das Glas gelegt. Das zeigt die initiale Mischhöhe und den Gärungshöhepunkt am 5. Tag circa 10 Stunden nach dem Mischen an. Es riecht nun ein wenig chemisch und spitzig, mein Mann, der Chemiker, meint Ester zu identifizieren.
Tag 6
Jetzt wird der Rhythmus auf alle 12 Stunden Fütterung umgestellt. Hans Gerlach empfiehlt ab Tag 8 die Menge des gereiften Teigs von 15 g auf 7 g und dann weiter auf 5 g zu reduzieren. Das habe ich erstmal ignoriert, ist wohl egal, solange das Glas groß genug ist. Wahrscheinlich ist mein Sauerteig noch nicht so kraftvoll, dass er das Glas zum Überlaufen bringt. Ich habe bis Tag 9 zweimal täglich gefüttert, bis ich mit dem Backen beginnen konnte.
Ich habe nicht das Rezept von Hans Gerlach verwendet, das fand ich sehr aufwendig. Als ich seinen Hinweis las, man möge doch beim Backen das Brot bedampfen, fiel mir ein, dass mein Backofen eine Klimagaren-Funktion hat. Also Recherche bei Miele! Dort fand ich eine tolle Rezeptsammlung für das Klimagaren.
Für das Mischbrotrezept ist 75 g fertiger Sauerteig notwendig, also habe ich meine Sauerteigkultur mit Roggenmehl und Wasser im Verhältnis 1:3:4 gemischt:
auf 10 g Sauerteigkultur kommen 30 g Roggenmehl und 40 g Wasser.
Das ergibt nach 12 Stunden Reifezeit 80 g „Anfrischsauer“ – was für ein lustiges Bäckerlatein.
Das Rezept ist kein reines Sauerteigbrot, sondern enthält auch noch Hefe. Diese habe ich mit Rübenkraut statt mit Malzextrakt vorgelöst. Das Malzextrakt hat die Funktion, dass die Hefe ausreichend zuckrigen Nährstoff bekommt, den Zweck erfüllt der Rübensirup auch.
Im zweiten Schritt werden die Mehlsorten vermischt, ich habe 200 g Bio-Roggenmehl und 400 g Bio-Dinkelvollkornmehl verwendet. Mit dem Sauerteig und der Hefelösung entsteht ein eher klebriger Teig. Da ich keine Küchenmaschine besitze, habe ich von Hand geknetet … unbedingt Ringe vorher abziehen.
Mein schickes Garkörbchen sollte auch mal zum Einsatz kommen. Ist jedoch komplett sinnlos, da ich ja ein Kastenbrot backe und die typische Rillen-Form, die das Gärkörbchen erzeugt, wieder durch die Kastenform aufgelöst wird.
Klimagaren
Zu den versteckten Funktionen meines Backofens gehört das Automatik-Programm „Hefeteig gehen lassen“. Der Backofen wird über ein eingebautes Röhrchen mit Wasser befüllt und das Hefeteig-Programm sorgt über die Dauer des Gehvorgangs für ausreichend Feuchtigkeit im Garraum. Das ist deutlich an der beschlagenen Backofenscheibe zu erkennen.
Leider habe ich das Gärkörbchen nicht ausreichend bemehlt, sodass ich klebrige Reste hatte, die ich mühsam herauskratzen musste.
Der Brotteig wird nach dem ersten Gehgang nochmals kurz durchgeknetet, dann in eine gut mit Butterschmalz gefettete Kastenform gefüllt und mit Wasser glattgestrichen.
Das Ganze nochmals 30 Minuten im Hefeteig-Automatik-Programm gehen lassen.
Dann habe ich unseren Grill-Pizzastein in den Backofen gepackt, passte gerade so rein. Brotteig in den Ofen schieben und nun mit dem Klimagaren-Programm bei 200°C, 60 Minuten lang und mit 2 Dampfstößen backen lassen.
Das war es! Das fertige Brot flutscht super aus der Form und sieht toll aus.
Fazit – Sauerteig einfach selbst gemacht
Ein sattes Ja – es hat gut geklappt, für meinen Geschmack noch zu wenig Salz, beim nächsten Mal werde ich Anis und vorsichtig Kümmel hinzufügen, so die Empfehlung einer sehr backerfahrenen Freundin.
SAUERTEIG HEGEN UND PFLEGEN
Hier gibt Hans Gerlach wieder tolle Tipps. Ich habe erstmal die trockenen Aufbewahrung ausprobiert, da ich nicht so regelmäßig backe und deshalb keine Zeit und Lust habe, den Sauerteig zweimal pro Woche zu füttern. Dazu 1 EL fertigen Ansatz mit 1 EL Roggenmehl krümelig mischen und das Ganze einfach im Kühlschrank lagern. Soll so bis 2 Monaten halten. Mal sehen, wie dann der Prozess des Reaktivierens geht. Das werde ich hier noch ergänzen.
So jetzt freue ich mich auf eine Brotzeit mit Butter und selbstgemachtem Quittengelee.
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